Das Haus wurde nach dem letzten Dorfbrand von 1560 auf früheren Fundamenten aufgebaut. Vermutlich waren es damals zwei längliche, parallel geführte barackenähnliche Bauten in der Höhe von 1-2 Stockwerken. Das südlich angebaute Haus mit Coiffeurgeschäft hat heute noch diese Form.
Josef Anton Keller und Marie Keller-Graf, meine Urgrosseltern, hatten das Haus vor rund 125 Jahren gekauft und führten dort ein Kolonialwarengeschäft. "Neue" Konsumgüter wie Kaffee, schwarzer Tee, Tomaten und Früchte aus südlichen Ländern wurden damals dank der eben gebauten Eisenbahn in unserem ländlichen Dorf erschwinglich. Man nannte uns ursprünglich "Blättelers" und fortan "Konsum Kellers". Daneben wurden einzelne Wohnbereiche dieses Hauses temporär als Gästezimmer oder längerfristig als Mietwohnungen vermietet.
Zwei Töchter meines Urgrossvaters, meine Grosstante und Grossmutter, waren bereits ab ca. 1912 begeisterte Bergsteigerinnen und Skitourenläuferinnen. Sie tauften das gelbe Haus "Marwies" nach einem Berg im Alpstein. Da und dort erinnern alte Skier, Bergsteigermaterial, alte Reklamen oder sonstiges Material im Haus an frühere Zeiten.
Im Jahr 1997 durfte ich dieses Haus von meinen Vorfahren übernehmen. Rund zwanzig Jahre lang mietete der Bücherladen das Geschäftslokal, und jetzt erfreut das Geschäft evagrøn viele Kund:innen mit eleganten und nachhaltigen Produkten. In den oberen Stockwerken lebte ich mit meiner damaligen Partnerin. Die meisten Zimmer waren in sehr einfachem Zustand und wurden kaum benutzt, ausser ab und zu für ein Ferienlager oder einen Workshop.
Künftige Nutzung
Am liebsten möchte ich künftig mit 4-7 Personen in einer Art Co-Housing, Hausgemeinschaft oder temporärer Wahl-Familie leben, wo jede Person 1-2 Zimmer des Hauses mietet, ein eigenes Bad hat und 1-2 Räume gemeinsam nutzt. Ich möchte, dass wir mehr als nur Zimmer mieten, sondern auch ein paar gemeinsame Werte pflegen, u.a. Freundschaftlichkeit, Toleranz, Friedfertigkeit, Selbstreflexion und Offenheit, ebenso eine gewisse Fürsorglichkeit füreinander und für die Welt, aber ohne uns dafür aufopfern zu müssen oder sektiererisch zu werden. Eigenständigkeit, Zeit für sich persönlich und ein gutes Einvernehmen mit der Umgebung bleiben ebenfalls wichtig. Das Haus hat nach der Sanierung die Struktur für eine Grossfamilie behalten und passt damit auch gut zu einer Hausgemeinschaft. Der Wohnteil wurde im Jahr 2024 fertig restauriert und bietet Gästezimmer und Ferienwohnungen an, bis er passende Bewohner:innen der Hausgemeinschaft aufnehmen darf. In der Nebensaison wird man probewohnen oder einen Workshop mitgestalten können. Der Keller wartet noch darauf, umgebaut und praktischer genutzt zu werden.
Co-Housing und Co-Working scheinen noch eher ungewöhnlich oder komplexer zu sein. Falls sich keine passende Lösung in diesem Rahmen abzeigen sollte, können die Räumlichkeiten immer noch herkömmlich vermietet werden.
Über mich
Ich bin 1958 geboren und erhielt den Namen Remigius, für den die Kurzform Remi üblich ist. Als Kind mit meinen Eltern und später alleine habe ich in mehreren Gegenden der Schweiz gelebt und auf mehrmonatigen Reisen gerne fremde Kulturen kennen gelernt. Lebenslanges Lernen ist meine Absicht seit ich Jugendlicher oder Erwachsener bin. Zu meiner ersten Ausbildung als Sekundarlehrer haben sich später Kulturgeschichte, Informatik, Projektleitung, Coaching, Training, Paar-, Sexual- und Kommunikationsberatung sowie östliche und westliche Formen spiritueller Praxis hinzugesellt. Ich gebe Workshops im Haus, in anderen Lokalitäten und online. Ab und zu publiziere ich auch auf Websites und in Fachliteratur. Seit ein paar Jahren habe ich meine beruflichen Aktivitäten reduziert und widme mich mehr gemeinnützigen Aufgaben. Trotz des lebenslangen Lernens und der unterschiedlichen Aktivitäten weiss ich immer noch fast nichts über die Welt und das Leben. Es scheint eher die Weisheit, Gelassenheit und Dankbarkeit für dieses Leben zu sein, die wächst.
Rückblick auf die Sanierung
Vielleicht interessiert es einzelne Leser:innen, mehr von den bisherigen Sanierungsmassnahmen und dem aktuellen Ergebnis mitzubekommen. Damit erhalte ich Gelegenheit, meiner früheren Leidenschaft als Kunsthistoriker Ausdruck zu verleihen. Dieser Umbauprozess ist ein Abenteuer und kommt dank Unterstützung von hervorragenden Fachpersonen gut heraus.
Im Jahr 2019 wurden die Stockwerke 2-4 umgebaut. Die Sanierung im ersten Stock konnte in den Jahren 2023-24 weitergeführt werden.
Das Haus hat trotz des Umbaus den historischen Charme bewahrt und kann jetzt ebenfalls die heutigen Anforderungen an Behaglichkeit und Sicherheit erfüllen.
Isolationen, Stabilisierungen, Brandschutzmassnahmen und einzelne Korrekturen wurden erfolgreich umgesetzt. Böden, Wände und Decken sind wiederhergestellt. Die alte Bausubstanz kommt nach der Sanierung noch deutlicher und schöner zur Geltung als zuvor. Wir haben auch möglichst natürliche Baumaterialien ausgewählt und bei elektrischen Leitungen auf eine gute Abschirmung geachtet, um den Wohnkomfort zu erhöhen.
In zwei Zimmern sind Malereien mit Pflanzenornamenten und alte Tapeten zum Vorschein gekommen. Restauratorinnen haben die Malereien stabilisiert und zum Teil als Schutzmassnahme für die kommenden Jahrzehnte wieder zugedeckt.
Der östliche Teil des Hauses besteht aus einer länglichen Ständerkonstruktion mit Bohlenwänden. Der westliche Teil des Hauses ist im Strickbau konstruiert. Diese seltsame Kombination war im Spätmittelalter und 16. Jahrhundert noch üblich.
In zwei Zimmern sind noch Kachelöfen vorhanden. Der neue Elektroherd in der Küche gesellt sich kollegial zum Holzherd aus dem 19. Jahrhundert. In einigen Zimmern wird die barocke Holztäferung an Wänden und Decke teilweise mit profilierten Stäben gezeigt. In einem Zimmer ist ein Stubenbuffet eingebaut. In einzelnen Zimmern wurde die Täferung aus jüngerer Zeit entfernt. Dort ist nun die ursprüngliche Holzkonstruktion an Wänden und Decken zu sehen. Der Mittelraum im zweiten Stock hat eine frühbarocke Kassettendecke, die einen neuen Farbanstrich in rot und grün erhalten hat. In einem kleinen Bereich werden die früheren Farbanstriche gezeigt.
Bei der Freilegung der alten Holzböden wurden an drei Stellen schmale Aufgänge vom Untergeschoss gefunden. Überall wurden die Böden verstärkt und isoliert. Sieben Zimmer erhielten die alten Holzböden neu gehobelt wieder zurück, während in den übrigen Zimmern neue Böden aus Gebirgslärche oder Kork eingebaut wurden.
Im Estrich konnte der alte Flaschenzug erhalten bleiben, mit dem wir früher Brennholz hochgezogen hatten. Auch die Vorfenster und fast alle bisherigen Fenster durften bleiben und erhielten neben besserer Isolation einen neuen Farbanstrich. Der schmale, lange Gang zum WC im zweiten Stock und ein WC im 1. Stock erinnern noch an die alten Latrinen der früheren Jahrhunderte. Das Geländer der oberen Treppen hat einen neuen Farbanstrich bekommen, der mit der Kassettendecke zusammenspielt. Das Treppenhaus zum ersten Stock musste aus brandschutzgründen stark isoliert werden und wird noch ein Sitzlift erhalten, damit man auch im Alter und bei einer Gehbehinderung möglichst lange im Haus wohnen kann.
Einige Aufgaben stehen noch bevor, u.a. das viele nicht mehr benutzte Material von meinen Vorfahren und mir zu verschenken, verkaufen oder zu entsorgen. Auch der hinter Teil meines Hauses mit kleinem Hof und Garten wartet noch auf eine schönere und praktischere Lösung.
Und das Haus mit Leben zu füllen in einer Art, dass es für alle Beteiligten wertvoll wird, erfordert ebenfalls viel Aufmerksamheit.